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Telematik – quo vadis oder jetzt erst recht?

Vergangenen Sonntag gegen 9 Uhr – wir saßen gerade beim Frühstück – klingelte unser Telefon. Mein Vater – mittlerweile fast 70 – berichtete, dass er jetzt einen Telematik-Baustein in seine KFZ-Versicherung eingeschlossen habe. Dass die Versicherung seine Fahrdaten analysieren könne, sei ihm egal. Ihn locke jedoch die Aussicht, für seine Fahrweise maximale Prozente zu kassieren und damit die finanziellen Folgen seines kleinen Auffahrunfalls aus dem Vorjahr zu kompensieren.

Diese Anekdote aus dem privaten Umfeld belegt, dass Telematik-Angebote zunehmend akzeptiert werden. Versicherungen konnten zeigen, dass sie die Bedenken ihrer Kunden hinsichtlich des Datenschutzes ernst nehmen und überzeugende Antworten bieten.

Trotz des zunehmenden Interesses ist die Marktrelevanz von Telematik-Angeboten allerdings noch vergleichsweise gering.

Ursächlich für das verhaltene Wachstum ist meiner Einschätzung nach eine Selbstlimitierung der Branche auf mehreren Ebenen:

  • Mangel an Kundenmehrwerten
    Die Mehrzahl der verfügbaren Telematik-Angebote haben gemeinsam, dass sie primär die Abbildung des individuellen Fahrverhaltens in Scoring-Modellen beinhalten und den Kunden über Rabatte hinaus wenig Mehrwert bieten.
  • Starke Fokussierung der Zielgruppe
    Rabatte sprechen überwiegend preissensible Kunden an. Das Segment der preissensiblen Kunden, die bereit sind, ihre Fahrdaten gegen einen Rabatt einzutauschen, ist jedoch begrenzt. Zusätzlich eingeschränkt wird es durch die ursprünglich vorherrschende These und die daraus abgeleitete Fokussierung, dass preissensible Kunden nur im Segment der jungen Fahrer zu finden seien. Das Beispiel meines Vaters belegt hingegen, dass auch ältere Fahrer Interesse und Kaufbereitschaft für Telematik-Angebote aufbringen.
  • Begrenzte Marketingaktivitäten

Aufgrund der Fokussierung auf eine spitze Zielgruppe waren die bisherigen Marketingaktivitäten überwiegend begrenzt und nicht auf den gesamten Markt ausgerichtet.

  • Mangel an Selbstbewusstsein / Überzeugung
    Den Anbietern fehlt teilweise die Überzeugung von der Belastbarkeit der eigenen Lösung und manchmal auch der Glaube an die Relevanz des Themas an sich. Auch dieser Umstand spiegelt sich in begrenzten Aktivitäten und Aufwänden im Bereich Marketing und Vertrieb.

Einige Versicherer haben diese Zusammenhänge erkannt. Darüber hinaus haben diese Unternehmen in Ihrem Vertragsportfolio mittlerweile Mengengerüste erreicht, die aktuarielle Auswertungen erlauben. Dass genau diese Versicherer jetzt die Altersbegrenzung für ihre Angebote aufheben und die Telematik-Option für alle Kunden öffnen, lässt den Schluss zu, dass die ersten Ergebnisse ermutigend sind. Schon wehen Gerüchte von ersten echten Telematik-Tarifen durch den Markt.

Während die führenden Versicherer ihren Vorsprung ausbauen, indem sie konsequent auf Telematik setzen und ihre Angebote für Kunden aller Altersgruppen öffnen, lässt sich bei anderen Marktteilnehmern eine abwartende, teilweise skeptische Position beobachten.

Als Begründung muss oft herhalten, dass die erforderlichen Investitionen für Technik und Infrastruktur in keinem Verhältnis zu den vergleichsweise geringen Nutzerzahlen stehen. Bei dieser Argumentation werden jedoch einerseits die skizzierten Ursachen für die überschaubaren Nutzerzahlen (Marketing, Altersgrenzen, Kundenmehrwerte, …) ausgeblendet und andererseits die Folgekosten des Abwartens aus der Kalkulation ausgenommen.

Wir sind der Meinung, dass Telematik nicht mehr verschwinden wird. Dafür sind die Nutzerzahlen und die getätigten Investitionen in Technik und Infrastruktur bereits heute zu hoch. Telematik wird von OEMs als Teil ihrer eigenen Mobilitätsangebote und preissensiblen Kunden wie meinem Vater aktiv eingefordert.

Zudem eröffnet Telematik als Experimentierfeld für gänzlich neue Geschäftsmodelle, Produkte und Leistungen der Versicherungsbranche Chancen zur aktiven Gestaltung des Mobilitätswandels.

Herr Daniel Schwarz (+49) 170/3338836 steht Ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.

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